2022_05_12_Finsteraarhorn

Am dritten Tag in der Schweiz starten wir fast als letzte Richtung Finsteraarhorn. Die meisten der Bergsteiger*innen sind schon eine Stunde früher los. Wir Frühstücken um fünf und steigen kurz vor sechs Uhr nicht wie alle anderen über den Sommerweg, sondern wie der Orginalweg vorgibt in der Rinne westlich der Hütte steil aufwärts. Der Harschdeckel in der Rinne ist nicht tragend. Das Stapfen gestaltet sich mühsam, weil wir immer wieder ordendlich wegsacken und die alten Spuren sind keine wirkliche Hilfe. Als wir endlich die Skier anschnallen geht es mit Harscheisen weiter, es ist noch zu hart und zu steil um ohne zu gehen. Kurz vor dem Frühstücksplatz tauchen wir in die Sonne und es wird zwar nicht weniger anstrengend aber doch sonniger. Ordendlich schnaufend erreichen wir das Frühstücksplatzerl. Ein paar Meter Skitragen über den Schotterhaufen und wir stehen auf der Südwestflanke des Finsteraarhorns und steigen mit Skiern den Hang zum Gipfelaufbau hinauf. Die Bergsteiger*innen vor uns gehen schon in der Sonne und wir tauchen wieder in den Schatten. Recht steil aber jetzt ohne Harscheisen folgen wir der gut angelegten Spur nach oben. Noch ist der Schnee hart, aber das wird. Auf halber Höhe tauchen wir auch hier in die Sonne aber mittlerweile sind wir hoch genug, dass es angenehm ist.

Die knapp 400 Hohenmeter bis zum Hugissattel ziehen sich noch ordendlich und mit jedem Meter wird die Luft in den Lungen weniger, die Pausen häufiger und länger und die Schritte kürzer. Dann stehen wir auf über viertausend Meter und legen die Steigeisen an und starten den Aufstieg zum Gipfel. Der Trittschnee ist perfekt und es liegen genug Felsen zum Greifen frei. Der Aufstieg ist unschwierig und deutlich weniger ausgesetzt als befürchtet. Die Westflanke ist durchsetzter als erwartet und wirkt so weniger steil und auf die Tiefblicke in die Nordostwand sind vereinzelnte Momente auf den wenigen Schritten direkt am Grat. In der Mitte kommen wir zu einer der Schlüsselstellen, in der es etwas knackig über eine felsige Passaage Fast abzuklettern ist. Fast ganz oben kommen dann zwei steilere Kletterpassagen, die aber unter diesen Bedingungen einfach zu klettern sind. Die Entgegenkommenden Gruppen vorbeizulassen ist ebenfalls kein Problem, es ist immer wieder genug Platz zum ausweichen. Noch eine Aufschwung folgt und immer wieder verschnaufen wir.

Die letzten Meter sind dann wieder spannend weil es über den schmalen Schneegrad die letzten Meter zum Gipfel geht und dann sind wir glücklich am Gipfel des Finsteraarhorns! Das Matterhorn und das Weisshorn haben sich im Westen deutlich ab. Auf der Nordostseite geht es tausend Meter hinunter auf den Finsteraarhorngletscher. Wir stehen auf dem höchsten rundherum. Die vielen Gletscher umfliesen und behängen die Berggipfel. Ein paar Schweizer haben sich unterhalb eine windstilles Platzer gemacht, aber der Abstieg dorthin ist mir zu wild. Wir bleiben noch eine Zeitlang und geniessen. Einen solchen Tag bei solchen Bedingungen und bei dem Kaiser*innenwetter sind ein Geschenk. Gerald telefoniert mit zuhause, ich geniesse den dritten offline Tag in der Schweiz.

… die letzten Meter zum Gipfel

Der Abstieg erfordert wieder einiges an Konzentration, aber ist unschwierig. Nach siebeneinhalb Stunden unterwegs sind wir zurück am Hugissattel und fallen in den Schnee und bleiben da eine Zeit liegen, rasten uns aus, essen und trinken noch etwas und Gerald strickt einen Seilpullover, den wir dann mühsam wieder auftrennen.

Unten wird der Schnee immer weicher, tiefer und anstrengender zu fahren, also machen wir uns auf den Weg. Leider ist die Gipfelflanke total zerfahren, was viel Kraft kostet, weil ein aktiver Fahrstiel angebracht ist. Im unteren Teil vor dem Frühstücksplatz finden wir noch ein paar Firnreste, so ist es deutlich lässiger Ski zu fahren. Die kurze Tragepassage über die Felsen liegt gleich hinter uns. Wir fahren diesmal nicht in die Rinne zur Hütte ein wie wir gekommen sind, sondern folgen dem Gletscher nach südenosten und umfahren die Hütte im Osten. Der Firn dort ist zwar ein wenig tief, das tut dem Skifahrvergnügen aber keinen Abbruch. Die vereinzelten Spalten die im schmelzenden Schnee aufgehen mahnen zur Vorsicht. Bald ist der Schnee zu Ende und nach eineinhalb Stunden Skiabstieg stehen wir am Ende des Schnees. Die letzte halbe Stunden laufen wir wieder mit den Skiern am Rücken über den Sommerweg zurück zu Hütte, wo es heute deutlich entspannter aussieht als gestern. Heute sind keine drei Handvoll Menschen da.

vor 3 Jahren

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